Abbaugebiete

Für die Zementproduktion sind Abbaugebiete für Rohmaterial von entscheidender Bedeutung. Die Erschliessung neuer Abbaugebiete gerät aber manchmal in Konflikt mit dem Landschaftsschutz. Eine Abwägung der Interessen auf Augenhöhe ist deshalb elementar.

Steinbruch Gabenchopf im Zementwerk Siggenthal (Bild: LafargeHolcim)

Hohe Hürden für neue Abbaugebiete

Für die Herstellung von Zement wird unter anderem Kalkstein und Mergel benötigt. Diese natürlich vorkommenden Rohstoffe müssen an geeigneten Standorten abgebaut werden. Bei der Erschliessung von neuen Abbaugebieten muss die Zementindustrie häufig hohe Hürden überwinden. Der Abbau von Rohmaterialien wird oft als ein dem Landschafts- und Umweltschutz widerstrebendes Ziel betrachtet. Gleichzeitig ist das verdichtete Bauen vielerorts ein erklärtes politisches Ziel und das bauliche Verdichten ist ohne Beton nicht möglich.

Der wichtigste Baustoff unserer Zeit lässt sich aus rein lokalen Rohstoffen produzieren, wobei Zement der dafür zentrale Werkstoff ist – sozusagen der Leim für Kies und Sand. Ohne Zement, kein Beton. Und ohne Beton würde der allergrösste Teil unserer gebauten Umwelt nicht existieren. Der Wunsch nach dem Schutz der Landschaft ist legitim und wichtig. Die Nutzung von Rohstoffen ist es auch. Entsprechend gilt es, beide Interessen sorgfältig und fair abzuwägen. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die Nachfrage nach Zement auch in Zukunft sehr gross sein wird.

Der jährliche Bedarf an Zement liegt in der Schweiz derzeit bei 4,3 Millionen Tonnen pro Jahr. Die Nachfrage wird in den nächsten Jahren höchstwahrscheinlich weiter zunehmen. Gemäss Szenarien, die das Bundesamt für Umwelt (BAFU) zusammen mit dem Bundesamt für Raumentwicklung (ARE), den Standortkantonen von Zementwerken und cemsuisse erarbeitet haben, wird der Zementbedarf im Jahr 2030 rund 5 bis 6 Millionen Tonnen jährlich betragen. Für die Herstellung einer Tonne Klinker werden rund 1,5 Tonnen Rohmaterial, vor allem in Form von Kalkstein und Mergel benötigt. Kalkstein und Mergel sind Schweizer Rohstoffe und werden hier abgebaut. Damit die Schweiz auch in Zukunft entsprechend versorgt werden kann, müssen neue Abbaugebiete erschlossen werden können.
Auch der Bundesrat verlangte als eine Schwerpunktmassnahme im Rahmen des Aktionsplans Grüne Wirtschaft, dass basierend auf einem Rohstoffsicherungskonzept detaillierte Rohstoffsicherungsberichte zu den einzelnen mineralischen Rohstoffen bzw. Rohstoffgruppen (z. B. Zement oder Sand und Kies) zu erarbeiten sind, um damit «einen Beitrag zur Sicherung der langfristigen Versorgung der Schweiz mit wichtigen nicht nachwachsenden Rohstoffen» zu leisten. Dies wird derzeit vom Bundesamt für Landestopografie (swisstopo) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) gemacht.

Erweiterung von Steinbrüchen schwer realisierbar

An vier von sechs Zementwerkstandorten gestaltet sich die Erweiterung von Steinbrüchen zum Abbau der Rohstoffe für die Unternehmen schwierig. Der Grund dafür liegt in einer oft unklaren und nicht selten unausgewogenen Abwägung verschiedener Interessen. Dem Landschaftsschutz wird häufig grosses Gewicht beigemessen, während der Gewinnung von Rohstoffen zu wenig Bedeutung zukommt. Das ist zum Teil widersprüchlich, da für verdichtetes Bauen, das dem Schutz der Landschaft dient, Zement erforderlich ist.

Aus diesem Grund befindet sich in einzigartiger Zusammenarbeit von Kantonen, Industrie und Bundesämter eine „Planungshilfe für den Abbau von Steinen und Erden zur Herstellung von Zement“ in Arbeit. Dieser Leitfaden für Planende und Projektierende soll Planungssicherheit schaffen. Während die Raumplanung in der Hoheit der Kantone liegt, sind gewisse Schutzgebiete bzw. -objekte von nationaler Bedeutung. Entsprechend ist eine Berücksichtigung aller rechtlicher Rahmenbedingungen und Interessen bei neuen Abbauvorhaben essenziell. Die erwähnte Planungshilfe strukturiert die Anliegen und Prozesse, dient den involvierten Stellen und Akteuren für eine adäquate Interessensabwägung und trägt damit zur erwähnte Planungssicherheit bei. Festzuhalten ist, dass sich die Zementindustrie bei der Gewinnung von Rohstoffen aus natürlichen Lagerstätten ihrer besonderen Verantwortung für den Landschaftsschutz sehr bewusst ist und diese Eingriffe in die Natur stets so schonend wie möglich vornimmt. Die Erschliessung von Abbaugebieten hat positive Auswirkungen auf die Biodiversität. Das zeigen diverse Projekte im Bereich Renaturierung.

Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität

Nach einem fest definierten Zeitraum im Rahmen einer staatlichen Konzession werden die Steinbrüche wieder der Natur (Renaturierung) oder der Landwirtschaft (Rekultivierung) überlassen. Durch die Renaturierung entsteht ein Landschaftstyp, der im Mittelland sehr selten geworden ist. Er ähnelt dabei dynamischen Flussauenlandschaften, in denen sich Flora und Fauna ausbreiten können. Die Biodiversität in diesen Gebieten steigt. Und nicht selten finden dort Tiere und Pflanzen, die auf der «roten Liste» der Weltnaturschutzorganisation stehen, neuen Lebensraum. In einer sonst intensiv bewirtschafteten Landschaft sind renaturierte Steinbrüche von besonderer Bedeutung für den Naturschutz.

Naturschutz und nachhaltiger Rohstoffabbau ist möglich

Die schweizerische Zementindustrie leistet heute einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Artenschutz. Dies will sie auch in Zukunft tun. Damit dies gelingt, sind die Zementhersteller darauf angewiesen, die zur Zementherstellung benötigten Rohstoffe abbauen zu können. Nur dann können die Unternehmen Investitionen in ökologische und ökonomische Effizienzsteigerung tätigen.

Wichtig zu wissen ist, dass die Schweizerische Zementindustrie bereits seit Jahren die Rohmaterialien aus den Steinbrüchen, soweit technisch und chemisch möglich, durch alternative Materialien ersetzt. Diese können zum Beispiel sein: Tunnelausbruch, unverschmutzter Aushub, durch Ölunfälle verunreinigte Böden sowie bestimmte Fraktionen aus der Altlastensanierung. Auch die Aschen aus den eingesetzten Brennstoffen entsprechen chemisch weitgehend den eingesetzten Rohmaterialien und werden damit beim Herstellungsprozess im Brennofen zu Zement. Die Verwertung dieser alternativen Rohmaterialien schont die einheimischen Steinbrüche. Ausserdem entfällt die kostspielige Entsorgung durch die öffentliche Hand.

Trotz aller Anstrengungen wird der Einsatz von alternativen Rohstoffen jedoch auch weiterhin auf einige wenige Prozent begrenzt bleiben, denn die chemische Zusammensetzung der Rohmaterialien muss innerhalb enger Grenzen den generellen Vorgaben zur Zementherstellung entsprechen.

Zusammenarbeit konstruktiver Kräfte

Umso wichtiger ist deshalb die Zusammenarbeit aller konstruktiven Kräfte in der Schweiz, wenn es um die Rohstoffgewinnung für die Zementindustrie geht. Aktuell erarbeiten Bund, Kantone und Industrie Rohstoffsicherungsberichte sowie eine Planungshilfe für den Abbau von Steinen und Erden, welche die Ausgangsprodukte für Zement darstellen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung und beweist: Mit Augenmass und Sachpolitik sind Landschafts- sowie Naturschutz und nachhaltiger Rohstoffabbau keine Gegensätze.

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Steinbrüche werden nach ihrer Nutzung der Natur übergeben (Bild: Andreas Kofler)

Die Lösung liegt in einer Interessenabwägung auf Augenhöhe. Dem legitimen Landschaftsschutz muss die ebenfalls legitime Nutzung von Rohstoffen gegenübergestellt werden. Der jährliche Zementbedarf beträgt in der Schweiz derzeit 4,9 Millionen Tonnen, Tendenz steigend. Diese Versorgung gilt es sicherzustellen.

Solange Zement benötigt wird, muss er produziert werden. Importe bzw. die Verlagerung der Produktion liegen nicht im Interesse der Schweiz und des Naturschutzes: Hohe durch den Transport ausgelöste CO2-Emissionen, der Wegfall der Entsorgungsfunktion für spezifische Abfallfraktionen oder das Ausbleiben von ökologischen Ausgleichsmassnahmen dienen der Natur nicht. Auch setzt die Zementindustrie Ausbruch- und Aushubmaterial als alternatives Rohmaterial in ihren Werken ein und hilft dadurch mit, Deponieraum sowie Rohstoffreserven in der Schweiz zu schonen.

«Etwas bewahren wollen», das scheint in der Tat eine menschliche Eigenschaft zu sein. Wir wollen nicht verlieren, was wir kennen. Was wir gewinnen können, sehen wir oft im Voraus nicht. Dies gilt etwa für Arbeitsplätze, welche durch die Digitalisierung gefährdet scheinen. Dass dadurch neue Stellen gewonnen werden, erschliesst sich uns nicht auf den ersten Blick. Und auch bei der Raumentwicklung plagt den Menschen diese kognitive Dissonanz: Der schöne Hügel oder die freie Landschaft dürfen nicht abgetragen oder überbaut werden. Auch hier erkennen wir oftmals nur das, was wir verlieren – und nicht, was für Mensch oder Umwelt entstehen kann. Durch verdichtetes Bauen wird der Zersiedelung Einhalt geboten. Bei der Erschliessung von Abbaugebieten profitieren oft Flora und Fauna.

Wie kommt das? Die Natur ist dynamisch. Tiere lassen sich dort nieder, wo sie Nahrung und Lebensraum finden. Nicht selten sind sie durch den Wohnraum oder den Ackerbau der Menschen gestört. Temporär greifen auch Abbaugebiete für mineralische Rohstoffe in dieses System ein. Sie sind indessen zeitlich begrenzt; nach einem fest definierten Zeitraum im Rahmen einer staatlichen Konzession werden die Steinbrüche wieder der Natur (Renaturierung) oder der Land- und Forstwirtschaft (Rekultivierung) übergeben. Renaturierte Steinbrüche bilden einen Landschaftstyp ab, den es so im Mittelland praktisch nicht mehr gibt. Diese den dynamischen Flussauenlandschaften ähnlichen Gebiete ermöglichen es Flora und Fauna, sich auszubreiten, wodurch die Biodiversität steigt. Nicht selten finden so in der Schweiz Tier- und Pflanzenarten, die auf der «roten Liste» der Weltnaturschutzunion IUCN zu finden sind, einen neuen Lebensraum. Dieser Beitrag ist nicht zu unterschätzen: Der Verlust an Biodiversität ist neben den Klimaveränderungen eines der grössten Umweltprobleme unseres Landes.

Für die heimische Zementindustrie wiederum ist der langfristig gesicherte Rohmaterialabbau eminent wichtig. An vier von sechs Zementwerkstandorten bekunden die Unternehmen Mühe, ihre Steinbrüche zu erweitern. Grund ist die kognitive Dissonanz: Zement wird für verdichtetes Bauen benötigt, erkannt wird jedoch nur die statische Wunde in der Landschaft. Schutzgebiete von nationaler Bedeutung (BLN-Gebiete) sind an vier Standorten explizit anderen Interessen wie der Nutzung von mineralischen Rohstoffen übergeordnet. Entsprechend hoch sind die Hürden für den Zugang zu den benötigten Rohmaterialien.

Die Lösung liegt in einer Interessenabwägung auf Augenhöhe. Dem legitimen Landschaftsschutz muss die ebenfalls legitime Nutzung von Rohstoffen gegenübergestellt werden. Der jährliche Zementbedarf beträgt in der Schweiz derzeit 4,9 Millionen Tonnen, Tendenz steigend. Diese Versorgung gilt es sicherzustellen. Solange Zement benötigt wird, muss er produziert werden. Importe bzw. die Verlagerung der Produktion liegen nicht im Interesse der Schweiz und des Naturschutzes: Hohe durch den Transport ausgelöste CO2-Emissionen, der Wegfall der Entsorgungsfunktion für spezifische Abfallfraktionen oder das Ausbleiben von ökologischen Ausgleichsmassnahmen dienen der Natur nicht. Auch setzt die Zementindustrie Ausbruch- und Aushubmaterial als alternatives Rohmaterial in ihren Werken ein und hilft dadurch mit, Deponieraum sowie Rohstoffreserven in der Schweiz zu schonen.

Das Bundesamt für Landestopografie Swisstopo erarbeitet zusammen mit dem Bundesamt für Umwelt BAFU einen Bericht zur Sicherung mineralischer Rohstoffe für die Zementherstellung. Ebenfalls in Arbeit befindet sich eine Planungshilfe für den Abbau von Steinen und Erden zur Herstellung von Zement. Ziel dieser Zusammenarbeit von Bund, Kantonen und Industrie ist ein strukturierterer Umgang mit raumplanerischen Interessen. Das ist ein erfreulicher Schritt in die richtige Richtung. Mit Augenmass und Sachpolitik sind Naturschutz und nachhaltiger Rohstoffabbau keine Gegensätze.

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Zukunft
5-6 Mio. Tonnen
Bis 2030 wird die jährliche Nachfrage nach Zement auf rund 5 bis 6 Millionen Tonnen steigen.

Interview

Nick Traber über die Nutzung und Erschliessung von Abbaugebieten (Jahresbericht 2018).